Alles in diesem Stück sprach von den Erwartungen gegenüber und dem Spiel mit der ersten Liebe. Die jungen Darsteller:innen brillierten erneut mit großer Professionalität und Spiellust.
Wer das Schauspiel Leipzig kennt, kennt vermutlich auch seine Ästhetik: eine Mischung aus Queer, Vogue- und Bauhausstil vereint in Einem: ähnlich war auch dieses Stück gehalten.
Die Jugendlichen spielten auf, beziehungsweise zwischen einem von Plüsch umrandeten Trampolin, einem herzförmigen Punchingball und einem mit Flausch überzogenem rosaroten Spielplatz-Karussell.
Hinzu kamen die an 1950er Biederkeit und 70er Punk seltsam gleichzeitig erinnernden alles in allem jedoch angenehm einfach gehaltenen Kostüme.
Angefangen wurde mit einigen Szenen, in denen das erste Auftreten und zarte Ausleben der jugendlichen Liebe zwischen Betty und Morris, den zwei Protagonist:innen, schüchtern, beinahe zu verhalten dargestellt wurde. Die insgesamt zehn jungen Schauspieler:innen erschienen hierbei in Zweierpaaren um in unterschiedlichen Facetten die Charakterarten der beiden Verliebten herauszustellen. Besonders geleuchtet beim Spielen haben Erik Lippmann und Luca Neumann als Betty und Morris. Eriks hintergründiger Sarkasmus und Lucas jugendliche Unaufgeräumtheit wirkten markant und besonders lebendig in der Menge der Paare.
Hin und wieder hätte man sich etwas mehr, verzeiht den Ausdruck, „Drama“ in dieser Liebesgeschichte nach Gunnar Ardelius gleichnamigen Jugendroman von 2008 gewünscht. Anschließend an die oben bereits leicht lamentierte Verhaltenheit, blieb die Darstellung der Liebe, in einer zu behüteten Atmosphäre verhangen, hinter der Realität der ersten Liebeserfahrungen zurück. Wer sich an die Zeit der eigenen ersten Liebe zurück erinnert, der wird sich auch der Abgründe, die da schon in einem klafften, entsinnen. Diesen waren, bezogen auf die Gesamtstimmung des Stücks, zu wenig Raum beschert. Vermutlich ist diese Limitation jedoch ursprünglich dem Stoff des Autors und nicht der Inszenierung zuzuschreiben.
Sehr schön waren die unchoreographierteren stillen Momente, in denen sinniert und beinahe poetisch gesprochen wurde. Besonders in Erinnerung ist mir die letzte Szene geblieben, in der Betty und Morris, nachdem ihre Liebe wieder entzwei gegangen war, zum Schluss an einem Flussufer saßen, die Sterne über ihnen und, ich meine, Morris, zu Betty sagte: da, da sind noch unendlich viele andere Lichter.
Diese Poesie ist bitter nötig in der heutigen Welt, nicht allein des Theaters. Und es ist jedes Mal wieder ein frisches Zeichen der Hoffnung, wenn sie in solchen unausgestellten wahrhaftigen Momenten zwischen der mechanischen automatisierten Gangart des modernen Lebens aufflackert.
Tom ist erst spät auf den Geschmack von Theater und darstellendem Spiel gekommen. Jetzt versucht er so viele Vorstellungen wie möglich in kürzester Zeit anzuschauen, um für die verlorene Zeit aufzukommen.